Donnerstag, 14. August 2014

aus dem Nähkästchen geplaudert



Auweia, Geschichten vom Wahnsinn des Alltags.
Teils fiktives, teils reales ....
nicht jedes " Heim" ist gleich. Eindrücke...in eine Geschichte gesteckt
Pflege-Alten und Seniorenheime - von Bundesland zu Bundesland sind sie verschieden. Im Heim leben ist wahrlich kein Zuckerschlecken.

Da kommen wir alle irgendwann hin.
Aber sollen wir es uns wünschen?
Ich hab ja das seltene Glück noch eine Mutter zu haben die in diesem Alter, noch auf der Erde weilt.
Mit 93  ganz sicher keine Selbstverständlichkeit, sondern eher eine Seltenheit.
Sie ist noch recht  scharfzüngig, sehr klug und  klar im Kopf, an allem interessiert und damit, im Gegensatz zu anderen Bewohnern, die man Gäste nennt, eine lobenswerte Ausnahme, was ihr immer wieder versichert wird, davon konnte ich mich auch selbst  überzeugen. Allerdings sieht sie kaum mehr etwas und das Gehör funktioniert nur noch auf dem rechten Ohr, was dazu führt, dass sie immer darum bitten muss, sich rechts  von ihr zu setzen, damit sie etwas versteht. Sie hat mir gestattet etwas aus ihrem Alltag zu erzählen.
Sonst ist sie zierlich bis zum Abwinken, blass weil sie nur in Begleitung heraus kommt und sehr dünn, weil sie nur das Nötigste isst. Aber es geht ihr den Umständen nach, gut, sagt sie.
Komme ich zu Besuch von relativ weit her, bin also auch nicht so oft da sondern telefoniere nur täglich zweimal mit ihr, dann komme  ich auf meinem Weg zu ihrem 1- Zimmer/Appartement an  etlichen  starr – blass -  vergeistigt  aussehenden Gesichtern vorbei die, wie es offensichtlich scheint,  so gut wie nichts mehr von ihrer Außenwelt wahrnehmen. Da ein Rollstuhl in dem sich ein blasser Gast befindet der so aussieht als befände er sich schon auf halbem Weg ins Jenseits, das tut einem dann richtig leid.
Die Männer sind  von diesem Zustand der allgemeinen Schwäche meist mehr betroffen als die meist jüngeren Damen, - dann  dort ein abwesender Blick am Tisch, der mehr ins Innere als nach Draußen in die Realität schaut.
Eigentlich ist es ein grausames Bild das sich mir bietet und ich gehe oft mit innerem Schaudern daran vorbei
Denke mir, gehts dir auch irgendwann so? Hilft dir dann einer?
.
Der Speisesaal ist knapp halb gefüllt mit stillen  Menschleins die nur noch das Essen auf dem Teller sehen, ein Gespräch findet nicht statt. Manche Bewohner, sieht man, werden gefüttert.
Das Personal klappert eifrig mit dem Geschirr, was sie von den Gästen der Zimmer und deren Zustand tatsächlich bewusst wahrnehmen entzieht sich meiner Kenntnis, ich denke sie haben einen harten Job. Sind permanent unterbezahlt und haben wenig Zeit.
Es gibt gute und  schlechte Schwestern, die ja Altenpflegerin sind.
Manche sind aufmerksam und liebevoll, bemühen sich auch aus ganzen Kräften mehr zu geben als es ihre Arbeitsstelle von ihnen abverlangt.
Das heißt sie reden auch mal ganz vernünftig mit einem und hören bedingt zu, falls das zeitlich geht.
Meine Mutter sagt, hoffentlich brauche ich nachts nicht noch mal einen der mir hilft, denn dann sind die, die da sind, meist ist es nur eine auf der Station, hoffnungslos überfordert. Das hat sie selbst erlebt als sie einen Angina pectoris Anfall erlitt.
Es gibt keine extra Schlaftablette wenn man nicht schlafen kann, kein Abführmittel ohne dass der einmal in der Woche erscheinende Arzt ein Rezept ausstellt und auch da müsst man bitten und betteln. Wehe es droht ein Herzanfall, dann ist man wahrscheinlich verlassen, einige der  Schwestern zeigten sich in Problemsituationen sehr hilflos.
Im Grunde ist sie sich selbst überlassen. Frühstück meist  zwischen  9°° bis 10°°, dann kommt die Putzfrau die auch schon mal vergisst die Flächen im Bad abzuwischen, sie ist nur für den Boden zuständig, die Schwestern sind mit anderem genug ausgelastet, also bleibt das Unterdeckchen zum Essen schmutzig und oft genug wird sie erst um ½ 11 angezogen. Nur Montag, montags sind sie pünktlich und schmeißen sie  – schlaftrunken wie sie noch ist, gnadenlos aus dem Bett wenn sie sich nicht weigert.
Das tut sie nun neuerdings, dann klappts wieder zu einer normalen Zeit.
Ihre Lieblingsschwester, die auch schon ein privates Wort an sie richtet, bereitet ihr – immer wenn sie da ist – ein fürstliches Frühstück, mit Käse und Wurst, Quark und genug Butter auf dem Brot, sorgt auch für Obst und fragt immer was sie denn außer Wasser und Kaffe trinken möchte.
Aber wehe, es geschieht ein Wechsel im Dienst.
Da kann es schon mal sein, dass man die Butter suchen muss die sich auf dem halben Brot befindet und  von Quark oder Schinken ist nicht die Rede .Ein Töpfchen abgepackte Marmelade dazu  und fertig ist die Laube, das erzählte sie mir und lachte, wo ist meine  Schw .S. Die vermisst sie dann schmerzlich, doch Unterschiede  müssen anscheinend sein.
Kleine Anekdötchen von ihr erzählt:
Auch  kann es schon mal sein, dass  sich um 7°°morgens die Tür öffnet und sich eine dunkle furchteinflößende Stimme mit einem Wasserfall an Informationen  über sie ergieß. Kein Wunder, dass ein Mensch wie meine Mutter  sich zu Tode  erschrickt und gar nichts versteht. Genauso wenn sie mit Kopfhörern TV schaut, dann hört sie überhaupt nichts und wenn sie  mit nur 15 cm Abstand vor dem Schirm sitzt  dann ist sie völlig isoliert  und  sieht  auch nichts anderes.  
Dass sie zu Tode erschreckt ist, wenn sich  ihr  unversehens von rechts  ein kaltes Händchen  auf die Schulter legt und sie schüttelt verwundert sie nicht mehr, fast hat sie sich daran gewöhnt..
Mach doch ein Türschild an; bin hör und sehgeschädigt sag ich zu ihr, ich schreib es dir auch auf und hänge es an, dann weiß jeder der dein Zimmer betritt, Bescheid. Doch das möchte sie nicht, will keine Extrawurst gebraten haben.
So aber geschehen Begebenheiten dass sich oftmals schon beim zuhören meine Haare stellen. Da stand plötzlich wie aus dem Nichts so gegen 22° ein Herr lediglich mit  Unterhosen bekleidet an ihrem Fußende und schwieg still, ging aber nicht mehr weg bis sie selbst aufstand und ihn wieder hinaus führte und der Nachtschwester antrug ihn zurück in sein Zimmer zu bringen. Sicherlich hatte er sich lediglich verlaufen.
Der Morgendienst verkündete ihr dann , sie könnte sich ja nachts selbst einschließen, dann käme auch keiner zu ihr rein.
Oder die Geschichte, die sie mir von ihrem Schmuck erzählte, ein Glück lacht sie selbst über diese Geschichten die ihr passieren, sie hat noch eine Menge Galgenhumor und noch etliche andere Geschichten auf Lager, doch manche sind schon ziemlich harter Tobak, wenn man das nicht kennt und mit der Materie Pflege - und Heime - nicht so vertraut ist..
Sie kam gegen 21°° nach ihrem  üblichen Abendspaziergang durch die Gänge in ihr Zimmer und traf auf eine  schemenhafte Gestalt weiblichen Geschlechts die im dunklen Zimmer  in IHREM Fernsehsessel saß und sich seelenruhig ihre Ringe anprobierte. Erst erschrak sie sich natürlich, man erwartet ja nicht abends Menschen wie Geister, die im Zimmer herumgeistern, dann fragte sie höflich nach deren Begehr worauf sie keine Antwort bekam.
Wieder musste sie sich die Schwester zu Hilfe holen, die den Gast dann liebevoll abtransportierte und am nächsten Morgen bekam sie dann auf ihre Anfrage auch ihre Ringe zurück. Die Dame dachte wohl, sie befände sich in ihren eigenen 4 Wänden.
So führt meine Mutter in ihrem -  wie man offiziell feststellt  luxuriösem  1-Zimmerappartement von ca 15 qm ein recht abwechslungsreiches Leben, aber ob man sich das so wünscht und will, das bezweifle ich eben.
Wann kommen wir dahin? Werden wir überhaupt 93  - hört und sieht schlecht, kann aber noch laufen,  wünscht man sich das auch?
© Angelface - Geschichten aus dem Alltag -einiges  fiktiv - anderes  nicht  erfunden,  auch erlebt.

3 Kommentare:

  1. nee, Angel so wünscht man sich das nicht. Wärest Du täglich dort sehest Du manches auch noch aus anderer Sicht.
    Deine Mutter ist zwar klar, aber alte Menschen sie neigen auch dazu etwas zu übertreiben.Du siehst und hörst es nur von deiner Mutter. Bei manchem was Du schreibst könnte man mehr Rücksicht erwarten.
    Alle alten Menschen sind nicht wie Deine Mutter, da gibt es eben Demente und beim Essen sabbernde. das ist nun mal so.
    Das es Dich graust kann ich nachvollziehen, weil menschen die noch nie "Alte "gepflegt haben, sich so etwas schwer vorstellen können.
    Weiß man wie es uns mal geht, ob wir Schluckbeschwerden haben und sabbern, schlecht hören und sehen?
    ich habe mal zu meinem Bruder gesagt der im Rollsthl saß, freue Dich über Dinge die Du noch kannst und denke nicht daran was Du nicht mehr kannst.
    Demenz ist da ausgenommen, sie können es nicht mehr steuern.
    Ich hoffe da ist dann jemand der mir gut gesonnen ist.
    Demente kann man nun auch nicht alle mit geistig und körperlich Behinderten gleich stellen. Auch die haben liebevollen Umgang verdient.wenn man so einen Beruf ergreift, darf man sich nicht eckeln, auch wenn es manchmal schwer fällt.
    Das größte Problem ist die Politik, die versümt hat um Kosten zusparen, daran was zu ändern,mehr Personal muss her und gut ausgebildete Kräfte. Daran mangelt es.es sind ja nicht nur die Pflegeheime, gut dass es sie gibt, sondern auch die Krankenhäuser, die Pflege wird auch hier und da vernachlässigt und der Tisch wird vergessen abzuwischen.
    Es gibt auch gut geführte Heime, aber sie sind für einfache Menschen nicht bezahlbar. Also sind wir am Ende wieder einer Meinung, gute Pflege kostet Geld, oder eben Zuhause pflegen, aber wer kann das schon?
    Es beschäftigt mich sehr was Du schreibst und muss auch die Heime ein wenig verteidigen.Ich habe im Heim und privat gearbeitet, kenne beides.
    Zitat:
    Da kommen wir alle irgendwann hin.
    Aber sollen wir es uns wünschen?
    1-Zimmerappartement von ca 15 qm ein recht abwechslungsreiches Leben, aber ob man sich das so wünscht und will, das bezweifle ich eben.
    Wann kommen wir dahin? Werden wir überhaupt 93 - hört und sieht schlecht, kann aber noch laufen, wünscht man sich das auch?
    Ob wir es uns wünschen?
    Zitat ende.
    Die Frage für mich ist, "habe ich heute Einfluß darauf?"
    Liebe Grüße zu Dir, Klärchen

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  2. nee wahrscheinlich nicht liebes Klärchen, mal abgesehen davon, dass auch andere Pflege -oder seniorenheime sich nicht wesentlich vom geschilderten unterscheiden, kenne" ich sehr gut die Altenpflege dort, hab selbst schon in der Altenpflege gearbeitet,auch "private Pflege gemacht", weiß also ziemlich genau was sich dort im Inneren abspielt und damit auch, ob jemand " Geschildertes übertreibt "...
    wir, du - ich - andere - alle werden wir am eigenen Leibe erfahren wie es UNS dann geht , je nachdem wo wir dann sind.
    Alle hoffen wir, dass es dann irgendwann - das steht ja noch in Sternen- die" Pflege von Alten, Gebrechlichen oder Dementen noch in der uns bekannten Weise gibt....
    schön, dass du diesen beitrag von mir so aufmerksam gelesen hast.
    Jaa.sowas beschäftigt mich - immer mal wieder - sehr.

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  3. Nun muss ich doch ein gutes Wort für die Pflegeheime einlegen. man kann nicht alles über einen Kamm scheren.
    Der Zeitmangel vom Personal ist sicher das größte Problem.
    Da wo ich gearbeitet habe und auch hier in unserem Wohnort, werden die Heime gut geführt, habe noch nichts nachteiliges gehört. Es gibt ja immer mal was.zu beanstanden. Frage mich woran das liegt, werden heime auf dem Lande besser kontroliert?Meine Mutter die ja sehr pingelig war, hat sich auch im Heim wohl gefühlt, was die Führung betrifft, ansonsten wollte sie immer in ihr Zuhause so lange es ging.

    Dir ein schönes Wochenende, marie-Claire

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lieben Gruß an Euch alle die mich lesen - Angelface -