Sonntag, 11. März 2018

Vorwärts …nicht rückwärts schauen

im Heute scheint für alle die Sonne.

zu diesem Zeitpunkt war sie auch nicht mehr "ganz" - die hübsche
rechte Schulter, die ich im Sommer so gerne herzeigte...
 Wie bescheiden werden doch die Ansprüche an das Drumherum wenn die bisherige kleine heile Welt in sich zusammenfällt und ganz andere Facetten des Lebens aufzeigt. Dinge – Situationen, Vorstellungen wie etwas zu sein hat oder wie man es gerne möchte werden unwichtig und rücken beiseite um anderen Prioritäten Platz zu machen.
Phasenweise lässt sich der Frühling  schon  vor dem Fenster erahnen und es gibt Tage da scheint schon über Stunden die Sonne. Erholsam und erfrischend für die Augen – endlich kein Weiß mehr, sondern frühlingszartes erstes Grün.
Hellgrüne Spitzen recken sich aus dem teilweise noch gefrorenen Boden – die ersten Knospen finden sich zaghaft auf Ästen und Büschen  und auch die Lämpchen im Garten spenden schon mattes erstes Licht sobald die Dämmerung hereingekrochen kommt.
Mein Auge verweilt gerne auf den frischen Farben die endlich auch den Weg in unsere Höhe genommen haben.
Noch sind meine Tage von Beschwerlichkeiten durchzogen und Schmerzen bei Bewegungen und Übungen nehmen für mein ungeduldiges Gefühl  und meine Wünsche viel zu viel Raum in meinem Alltag ein.
Worte wie:  kommt Zeit kommt Rat - oder Geduld hat nun mal keine Flügel wie ein Engel,  - es wird schon wieder – oder gar packen wir es an , alles wird gut, sagt der ewig hoffnungsvolle positiv in die Zukunft Denkende,  alles geht wenn man es will – sie alle haben nichts mit meiner Wirklichkeit zu tun,  doch sie werden gerne als Füllmaterial ausgesprochen wenn man nach kurzer Zeit  wieder fröhlich  hüpfend  in den eigenen unbeschwerten Alltag  gehen kann.
Gelernt habe ich in den letzten Wochen sehr viel. Freude an Kleinem, Bescheidenheit, Geduld mit mir und den Gliedmaßen, sich selbst nicht mehr so wichtig nehmen,  auch anderen gegenüber die sich in meinem Alltag nicht auskennen.
Demut, Respekt, Dankbarkeit  und Akzeptanz  zu zeigen, ein eigenes Besinnen auf sich selbst, Rücksicht auf die Einschränkungen zu nehmen und auch Wünsche zurückzunehmen und nicht in die Waagschale meiner Entscheidungen  zu legen.
Ich habe gelernt mich nicht mehr an staubigen Fenstern und matten Vorhängen zu stoßen, Krümeln auf den Teppichen ihre Daseinsberechtigung zu gestatten, Oskar nicht böse zu sein wenn er  mir verstopft den Dienst verweigert und mich frieren lässt und habe unendliche Geduld zu den Launen meiner Katzen und meinen Gedanken entwickelt.
Die Freude wenn auch Kleines gelingt, ist groß und jeder Schritt vorwärts ist eine ungeteilte Freude die man erkennt, fühlt und von sich lässt.
 Man genehmigt sich etwas:  Das erste ESSEN das ich mir selbst „kochte“ war ein Freudenmahl und selten vorher habe ich einen Bissen je so aufmerksam und bewusst wahrgenommen und genossen. Dann habe ich es natürlich vernünftigerweise wieder gelassen –  noch respektiere ich meinen Schonprozess.
Auch krank sein ist ein Lernprozess und je länger ein ungeliebter Zustand andauert desto mehr Verständnis für ihn gewinnt man.  Man sollte ihn lieben oder zumindest annehmen lernen.
 Aber auch mehr Verständnis für andere ist ein Gewinn, denn ich kann mich besser in sie und ihre Gedanken einfühlen.
Ich verstehe den Egoismus, die Angst die man nicht laut ausspricht, das Unbehagen beim Anblick Behinderter und Eingeschränkter, ich verstehe Blinde, Gehetzte die sich keine Zeit nehmen, auch Klagende die sich dem Schmerz ergeben wenn sie nicht mehr selbstbestimmt sind.
Krank sein oder auch alt werden, der Spruch ist wirklich nichts für Feiglinde sondern eher etwas für kriegerische Naturen die wissen wie wertvoll Leben  ist.
Ein  - sich selbst einschränkendes Gefängnis schafft man sich nur selbst wenn man nicht los lässt.
  In diesem  ist man nicht eingesperrt wenn man den Gedanken Flügeln verleiht und phantasievoll auf eigene Reisen geht.
Es gibt nichts was nicht geht wenn man es wirklich will – dazu gehört: sich nicht hängen lassen und hoffnungsfroh in die Zukunft sehen, all das ist wichtig.
Auch mit Einschränkungen leben, auch mit „links, auch mit nur einem Arm und einem Bein, alles geht, - man lernt mit der Zeit wenn man sie sich gibt – alles.
Stehen bleiben - genau hinschauen ist meine Devise, sich stellen und nicht vor allem davon rennen  wollen nur weil es unbequem ist...ist zumindest besser für mich. Doch was davon machbar und möglich ist, das muss jeder einzelne selbst für sich entscheiden.
                                                            © Angelface